07.01.2022
Prozessoptimierung: Methoden zur Vorgehensweise in Nutzwertanalyse und anderen
Ineffiziente Prozesse können die Servicequalität erheblich beeinträchtigen. Vom Bauchgefühl gesteuerte Trial-and-Error-Verfahren zur Verbesserung dieser Prozesse sind dabei selten von Erfolg gekrönt. Zielführend ist dagegen eine systematische Prozesseinführung und -optimierung auf Basis einer Wertschöpfungs- und Nutzwertanalyse zur Ermittlung des Wertbeitrags von Prozessen und einzelner Prozessschritte. Sie wird ergänzt durch eine Kapazitätsanalyse, mit der Engpässe, aber auch Kapazitätsreserven aufgespürt werden, und eine Zeitanalyse, die einzelne Schritte im Prozess mit relevantem Einfluss auf die Prozess- und Durchlaufzeit untersucht.
Eine methodische Prozessoptimierung kann in allen Unternehmensbereichen einen deutlichen Mehrwert schaffen - sei es in der IT, in der Logistik, im Einkauf oder gar im Personalwesen. Sie identifiziert Schwachstellen sowie deren Ursachen und ermöglicht es so, Fehler in Prozessen zu eliminieren. Dies wiederum führt unmittelbar zur Reduktion der Prozesskosten, unter anderem durch vermehrte Automatisierung von Routineaufgaben. Durch die Beteiligung aller Stakeholder an den einzelnen Prozessen wird darüber hinaus ein Lerneffekt in der gesamten Organisation erzielt.
Ziel der Prozessoptimierung ist es in der Regel, die wertschöpfenden Schritte zu optimieren, wertunterstützende zu reduzieren und Verschwendung komplett zu eliminieren. Gerade letzteres kann erheblichen Einfluss auf die Qualität und die Kosten einzelner Prozesse haben.
Was ist Verschwendung?
Verschwendung kann viele Erscheinungsformen haben. Bürokratische Maßnahmen, die zu einer Verzögerung im Ablauf führen, zählen ebenso dazu wie übergroße Lagerbestände oder überflüssige Besprechungen oder Dienstreisen. Die klassische Lean Production Lehre nach Taiichi Ohno unterscheidet zwischen insgesamt sieben Verschwendungsarten, die nach ihren Anfangsbuchstaben gerne mit dem englischen Akronym TIMWOOD beschrieben werden. TIMWOOD steht für
Nicht alle Verschwendungsarten lassen sich vollständig eliminieren. So müssen in Produktionsbetrieben Teile und halbfertige Erzeugnisse transportiert werden, auch wenn dieser Transport für sich nicht wertschöpfend ist. Der Transport von bedrucktem Papier innerhalb der Verwaltung dagegen lässt sich durch Digitalisierung erheblich einschränken. Insgesamt ist es das Ziel, Transporte auf ein notwendiges Minimum zu reduzieren.
Dass zu hohe Lagerbestände unnötige Kosten verursachen, ist allgemein bekannt. Im Falle von Fertigerzeugnissen gehen sie zudem in aller Regel mit einer weiteren Verschwendungsart zusammen, nämlich der Überproduktion. Inventory lässt sich aber auch auf eine unnötige Datenhaltung beziehen, die ebenfalls Kosten verursacht, ohne einen Mehrwert zu bieten.
Motion beinhaltet ganz unterschiedliche Bewegungsarten, von der überflüssigen Reise bis hin zu langen Laufwegen innerhalb von Büro-, Lager- und Produktions-Gebäuden.
Waiting beschreibt primär unproduktive Zeiten, die mit Warten auf Ware, Information oder einen Gesprächspartner verbracht werden. Der Begriff umfasst aber ebenso Zeiten, während derer die Mitarbeiter produktiv arbeiten können, die aber trotzdem zu Verzögerungen führen - etwa das Warten auf eine Freigabe durch eine Führungskraft. Dieses beeinträchtigt nicht unbedingt die Produktivität, verlängert aber die Gesamtdauer des Prozesses.
Auch Overproduction bezieht sich nicht ausschließlich auf physische Produkte, sondern kann ebenfalls für Informationsüberflutung stehen, die das Herausfiltern relevanter Informationen erschwert und verzögert. Strebt ein Unternehmen nach Preisführerschaft, fällt unter Overproduction auch die Lieferung einer Qualität, die gar nicht benötigt wird, aber die Produktionskosten erhöht.
Mit Overprocessing werden Prozesse beschrieben, die unnötig komplex oder detailliert sind. Dies können aufwändige Qualitätskontrollen sein, mit denen weitgehend irrelevante Produkteigenschaften geprüft werden, aber auch interne Genehmigungsprozesse in der Beschaffung.
Defects bezieht sich nicht nur auf Ausschussware, sondern steht auch für die Notwendigkeit von Nacharbeiten bei geringeren Qualitätsmängeln. In der IT kann es dabei auch um Fehler in der Software-Entwicklung gehen.
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Wertschöpfungs- und Nutzwertanalyse
Bei der Wertschöpfungsanalyse geht es darum, zu erkennen, welche Schritte innerhalb eines Prozesses die Wertschöpfung realisieren und welche als Verschwendung einzustufen sind. Wertschöpfend steht dabei für Aktivitäten, die unmittelbar der Erfüllung von Kundenwünschen und -anforderungen dienen bzw. für die der Kunde zu zahlen bereit ist. Wertunterstützend sind Prozess-Schritte, die wertschöpfende Aktivitäten unterstützen ohne unmittelbar der Befriedigung von Kundenwünschen zu dienen. In einem Restaurant etwa sind Kochen und Servieren wertschöpfend, während Abwasch oder Einkauf als wertunterstützend gelten, weil ohne sie die wertschöpfenden Prozesse nicht stattfinden können.
Praxis der Zeitanalyse
Bei der Zeitanalyse geht es darum, durch Messungen die Dauer der einzelnen Teilprozesse oder Prozess-Schritte und damit die Dauer des gesamten Prozesses zu bestimmen. Üblicherweise konzentriert man sich dabei auf vier verschiedene Zeiten:
Bearbeitungszeit: Die Zeit, die für die unmittelbare Aufgabenerledigung benötigt wird.
Wartezeit: Unproduktive Zeiten, in denen oft auf den Abschluss anderer Teilprozesse gewartet wird.
Durchlaufzeit: Die Summe der ersten drei Zeiten und damit die Dauer des gesamten Prozesses.
In Sonderfällen können auch andere Zeiten von Bedeutung sein, in den meisten Fällen reichen aber diese vier - ansonsten ist man schnell im Overprocessing und damit bei der Verschwendung.
Die Messung der verschiedenen Zeiten muss auf repräsentativen Stichproben basieren, weil sie sonst wenig aussagefähig sind. So ist es wenig sinnvoll, nur Montag vormittags zu messen, wenn die Mitarbeiter sich noch vom anstrengenden Wochenende erholen. Zudem sollten die Messungen wiederholbar und reproduzierbar sein, denn nur dann bekommt man ein stabiles und aussagekräftiges Ergebnis. Wichtig ist bei der Zeitanalyse zudem die enge Einbindung der Arbeitnehmervertretung in die Planung, da sonst leicht der Eindruck individueller Leistungsmessungen entstehen kann.
Die Zeitanalyse kann sehr wertvolle Hinweise zur Prozessoptimierung geben. Im obigen Beispiel des Versandprozesses, in dem Verschwendung aufgedeckt wurde, dient sie etwa dazu, das Ausmaß dieser Verschwendung zu bestimmen. Wie Bild 2 zeigt, ergibt sich hier, dass die Dauer des Gesamtprozesses der Auslieferung von 7 Stunden auf eine verkürzt werden kann, wenn man die aufwändigen Verwaltungsprozesse eliminiert.
Kapazitätsanalyse
Das Ziel der Kapazitätsanalyse ist es, die maximal mögliche Prozessleistung zu bestimmen. Wie die Qualität der Kette vom schwächsten Glied, so hängt diese Maximalleistung in aller Regel von dem Prozess-Schritt mit dem geringsten Durchsatz ab. Die Erkennung dieses Bottlenecks ist die Grundlage der Kapazitätsanalyse.
Wesentliche Elemente der Kapazitätsanalyse sind die Taktrate und die Taktzeit. Unter der Taktrate versteht man dabei die Anzahl der zu produzierenden oder zu bearbeitenden Einheiten pro Zeiteinheit (also etwa X Schreibtische pro Tag), während die Taktzeit der Reziprokwert ist, also die Zeit pro Werkstück. Bei der Bestimmung von Taktrate und damit Taktzeit sollte man darauf achten, dass der Berechnung realistische Arbeitszeiten zugrunde liegen - kein Mitarbeiter ist während eines 8-Stunden-Tages tatsächlich 8 Stunden produktiv.
Anhand von Durchsatz und Taktrate lässt sich einfach erkennen, ob Kundenaufträge zufriedenstellend bearbeitet werden können. Ist der Durchsatz größer als die Taktrate, kann die Kundennachfrage bedient werden, im anderen Fall gilt es, Bottleneck oder Engpass zu erkennen und zu beseitigen. Liegt der Durchsatz deutlich über der Taktrate, ist jedoch zu prüfen, ob hier schon Verschwendung in Form von Overproduction vorliegt, da nicht benötigte Kapazitäten vorgehalten werden. Bei größeren Schwankungen in der Nachfrage kann eine solche Überkapazität aber auch sinnvoll sein.
Die Kapazitätsanalyse ist ein fortlaufender Prozess, da die Beseitigung eines Engpasses zwangsläufig einen anderen Prozess-Schritt zu dem mit dem geringsten Durchsatz macht. Hakte es im Beispiel der Auslieferung etwa daran, dass nur ein Mitarbeiter zur Verfügung stand, der die Ware verpackt, und dieser nicht mit der Kapazität der anderen Prozess-Schritte mithalten konnte, so führt die Einstellung eines weiteren Mitarbeiters zur Lösung dieses Problems. Allerdings entsteht nun ein anderer Engpass, der den Durchsatz begrenzt, der wiederum identifiziert werden muss.
Bei der Beseitigung von Engpässen geht es nach der Engpasstheorie (Bild 3) zunächst darum, den identifizierten Engpass komplett auszulasten und ihn von allen Arbeitsschritten zu befreien, die nicht unbedingt dort ausgeführt werden müssen. Zudem gilt es, alles andere dieser Auslastungsentscheidung unterzuordnen und die Arbeit im Gesamtsystem so zu reduzieren, dass sie im Engpass nicht zu Stauungen führt. Erst dann wird der Engpass beseitigt, und der Zyklus beginnt erneut mit der Bestimmung des Arbeitsschrittes, der nun den Durchsatz begrenzt.
Von der Analyse zur Optimierung
Wertschöpfungs-, Zeit- und Kapazitätsanalyse können aufwändig sein und sind natürlich nur dann sinnvoll, wenn man die Ergebnisse auch konsequent zur Optimierung der Prozesse nutzt. Im Beispiel des Versandprozesses bedeutet dies etwa Schaffung zusätzlicher Kapazität in der Verpackung durch Neueinstellung, die Eliminierung der Bürokratie und die Automatisierung der Bestimmung der Versandart. Und selbst wenn man die zeitraubende Versand-Freigabe durch eine Führungskraft für zwingend notwendig hält, könnte diese durch ein automatisiertes Workflow-System deutlich beschleunigt werden. Im Übrigen zeigt sich hier, dass Prozessoptimierung nicht immer mit Kosteneinsparung zu tun hat - hier löst die Einstellung einer neuen Mitarbeiterin oder eines Mitarbeiters das Hauptproblem. Den zusätzlichen Kosten steht ein Prozess gegenüber, der anders als zuvor den Bedarf befriedigen kann und dadurch geeignet ist, sowohl den Umsatz als auch die Kundenzufriedenheit zu erhöhen.
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Business Process Management
Abläufe enger an den Geschäftszielen orientieren und eine möglichst reibungslose Prozessorganisation, die durch Digitalisierung und Automatisierung von Geschäftsabläufen optimal ergänzt wird - das sind die strategischen Ziele unserer Services im Business Process Management.